Wie die Wirtschaftswoche berichtet können Bausparer nach einem anbieterfreundlichen Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) wieder Hoffnung haben, dass nicht alle Kündigungen durch die Kassen rechtens sind. Hintergrund: Seit 2015 haben Anbieter massenweise (mehr als 250.000) Verträge gekündigt, da die Kunden nur sparen, aber nicht bauen wollten. In der derzeitigen Niedrigzinsphase haben sich Altverträge mit vereinbarten Festzinsen, die im Verglich zu aktuell üblichen Marktzinsen hoch ausfielen, für die Anbieter zu Verlustbringern gemausert. Das oberste Zivilgericht in Deutschland urteilte im Februar dieses Jahres, dass die massenhaften Kündigungen von relativ gut verzinsten Altverträgen nicht unrechtmäßig sind. Doch Verbraucherschützer geben sich damit nicht zufrieden. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kommentiert dazu, dass dieses Urteil nicht pauschal für alle Altverträge gelte. Es ist sogar möglich, dass bereits ausgesprochene Kündigungen unter bestimmten Voraussetzungen wieder zurückgenommen werden müssen. Grundsätzlich sei das Urteil nur für einen pauschalen Anwendungsbereich gültig, nicht aber für Verträge mit bestimmten Zusatzklauseln – z. B. bei Bonusverträgen.
Zinsumfeld macht herkömmliche Immobiliendarlehen oft günstiger
Viele Bausparer hatten in der letzten Zeit ihre zuteilungsreifen Verträge nicht für ein Darlehen beansprucht, sondern weiterhin zu den vor Vertragsabschluss vereinbarten Guthabenzinsen bespart. Immobiliendarlehen von Geschäftsbanken waren teilweise billiger, weil das derzeitige Zinsumfeld den Darlehensnehmern äußerst niedrige Zinsen bescherte. So konnte neben dem billigen Immobiliendarlehen noch ein Guthabenzins auf das verbliebene Bausparguthaben von meist ca. drei Prozent vereinnahmt werden. Die so unter Druck geratenen Bausparkassen kündigten ab 2015 dann massenhaft Verträge, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif waren. Dieses Vorgehen ist laut dem BGH-Urteil rechtmäßig, gilt aber nicht in allen Fällen. Insbesondere bei Bonusverträgen könnte das Urteil ausgehebelt werden. Betroffene Bausparkunden sollten sich eingehend informieren und ggf. per Musterbrief einer erfolgten Kündigung widersprechen. Je nach Gestaltung des Bausparvertrages kann es möglich sein, dass eine Kündigung nicht wirksam ist. Entscheidend dafür ist vor allem, ob die Zuteilungsreife aufgrund der Bonusvereinbarung als entscheidendes Kriterium auf der Zeitachse anzusehen ist. Wichtig ist somit eine Einzelfallprüfung.
Bausparen aktuell – lohnen sich solche Verträge heute noch?
Man könnte nun meinen, dass sich Bausparverträge aktuell nicht mehr lohnen. Dies kann jedoch nicht generell so gesagt werden. Die Kombination aus Sparplan und Immobilienfinanzierung kann im individuellen Fall noch immer sehr interessant sein, da beispielsweise auch staatliche Förderungen hier eine Rolle spielen. Hier gibt es sogar vier Fördertöpfe, die für Sparer von Interesse sind: Neben den vermögenswirksamen Leistungen und der Arbeitnehmersparzulage können unter bestimmten Voraussetzungen auch Wohnungsbauprämie und Riester-Förderung beantragt werden. Somit kann noch immer ein sehr interessanter Zinsvorteil erzielt werden und sich eine Immobilienfinanzierung über einen Bausparvertrag sogar rechnen. Zudem kann für die Zukunft nicht davon ausgegangen werden, dass das niedrige Zinsumfeld auch die nächsten Jahre in Deutschland Bestand hat. Die Zinsbelastung im Falle der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ist jedoch Jahre im Voraus fixiert und ermöglicht so eine extrem sichere Kalkulation. Auch hier ist somit eine genaue Betrachtung der persönlichen Situation notwendig, um eine passende Entscheidungsgrundlage zu finden.
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